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Sonntag, 07 Juli 2013 17:34

Exponat des Monats Juli 2013

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Abb. 1: Die Marburger Finkentruhe ist ein Schmuckstück des Regionalmuseums Wolfhager Land Abb. 1: Die Marburger Finkentruhe ist ein Schmuckstück des Regionalmuseums Wolfhager Land

Eine Schatztruhe für die Braut

Bevor Möbel industriell hergestellt wurden, waren sie extrem kostbar. Jedes Stück war ein Einzelstück, vom Schreiner in Handarbeit hergestellt. Man erbte Möbel oder kaufte sie gebraucht. Neues schaffte man sich allenfalls zur Hochzeit an, wenn man es sich leisten konnte. So ließen sich wohlhabende Bauern um 1800 als Brautschatz ein neues Ehebett, eine Truhe und manchmal auch einen Tisch mit Stühlen anfertigen.

Truhen spielten eine zentrale Rolle. Sie gehörten als Schatztruhen im doppelten Sinn zum Brautschatz, denn in ihnen wurde das handgewebte Leinen transportiert wenn es darum ging, vom Elternhaus in das neue Heim umzuziehen.

 

So war es auch bei Caroline Emmerich aus Mardorf, heute ein Stadtteil Amöneburgs im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Sie heiratete im Jahr 1878 den Landwirt Anton Schramm aus Naumburg im Wolfhager Land. Teil ihrer Mitgift war eine Marburger Finkentruhe, gefüllt mit gewebten Textilien: Finkentruhe, weil sie mit aufgemalten Vögeln verziert ist, Marburger, weil diese Möbel ausschließlich im Marburger Land hergestellt wurden.
 
1958 besuchte der damalige Oberamtsrichter und Museumsleiter Gerhard Wittenberg aus Wolfhagen die Familie Streubel in Naumburg und entdeckte das handwerkliche Kleinod. Er wollte sie für das Wolfhager Heimatmuseum erwerben. Doch Carolines Enkelin, Maria Streubel, geb. Bock wollte sich zunächst nicht trennen. Aber Bargeld war knapp und der landwirtschaftliche Betrieb benötigte dringend einen Ackerwagen. Und so verkaufte sie die Truhe für den Betrag eines neuen Ackerwagens.

Die „Marburger Vogeltruhe“ wie sie im Eingangsbuch des Museums von Gerhard Wittenberg bezeichnet wird, ist ein Schmuckstück des Regionalmuseums Wolfhager Land. Sie wurde aus massivem Eichenholz gefertigt und mit gedrechselten Füßen ausgestattet. Die Vorderfront ist in vier Felder unterteilt, zwei von ihnen zeigen aufgemalte Vögel, die anderen beiden Blumen. Aufwändige Intarsien aus verschiedenfarbigen Hölzern geben der Truhe ihr ganz besonderes Gepräge.

Sieglinde Berthold, Beate Bickel

Aufgemalte Vögel, die von profilierten Leisten und Einlegearbeiten umrahmt sind, haben dem Möbelstück den Namen Finkentruhe gegeben.
Abb. 2: Aufgemalte Vögel, die von profilierten Leisten und Einlegearbeiten umrahmt sind, haben dem Möbelstück den Namen Finkentruhe gegeben.

Kontakt: www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.

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