Diese Seite drucken
Dienstag, 18 April 2023 14:59

Exponat des Monats April 2023

Artikel bewerten
(1 Stimme)
Museumsmitarbeiter Steffen Kienold mit der Nähmaschine Museumsmitarbeiter Steffen Kienold mit der Nähmaschine Beate Bickel

Bogenschiff-Nähmaschine Pfaff 11

von Hermann Neumeyer

In den Handwerkerstuben des Regionalmuseums „Wolfhager Land“ sind u. a. auch einige alte Nähmaschinen ausgestellt, darunter eine Pfaff 11 aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg.

Im Jahr 1850 gelang es dem Amerikaner Elias Howe, eine Doppelstichmaschine (Nähmaschine mit Ober- und Unterfaden) zu konstruieren. Howe gilt als Erfinder der heutigen Nähmaschine. Gleichzeitig erfand Benjamin Wilson zur schnellen Fertigung der Nähte den Rundgreifer, der den Oberfaden mit dem Unterfaden verschlingt und der bis heute noch in fast allen Nähmaschinen verwendet wird. Bereits in den Jahren 1832/34 hatte Walter Hunt das neue maschinengerechte Steppstich-Nähprinzip entwickelt, so wie es heute noch angewendet wird. Er verwendete dabei eine Nadel mit dem Öhr an der Spitze und verkettete die dort hindurchgezogene obere Fadenschlaufe mit einem zweiten unteren Faden, den er in einem länglichen Gehäuse, dem so genannten Schiffchen, auf einer Spule aufgewickelt unterbrachte.
Die ersten Nähmaschinen wurden mit einer Handkurbel angetrieben. Einen weiteren Fortschritt brachte die Maschine mit Fußantrieb, wie er auch bei unserer Pfaff 11 vorhanden ist.
Um 1900 wurden die ersten Spezialmaschinen für die Textilindustrie gebaut. Nun konnten viele Kleidungsstücke in kurzer Zeit genäht werden und das Zeitalter der Konfektion (Kleider aus dem Kaufhaus) begann. Der Durchbruch der Haushalts-Nähmaschine erfolgte um ca. 1920. Heute sind die Nähmaschinen elektrisch angetrieben und elektronisch gesteuert. Auch computergesteuerte Maschinen gibt es, die auf Knopfdruck programmierte Stiche und Stickereien nähen.
Eine Nähmaschine besteht aus ruhenden Teilen, insbesondere dem Maschinengerüst, und beweglichen Teilen. Zu den beweglichen Teilen gehören die Antriebsteile wie das Trittbrett bei Fußantrieb, die Arbeitsteile zur Fertigung einer Nähnaht durch Stiche und die Zwischenteile, mit denen die Bewegung zu den Arbeitsteilen gelangt.
Am Anfang des Arbeitsvorganges kommt die Nadel zum Einsatz. Das Nadelöhr befindet sich ungefähr 5 - 10 mm oberhalb der Spitze. Über dem Öhr ist in den Schaft auf einer Seite eine fast bis zum Kolben reichende lange Rinne, auf der entgegengesetzten Seite eine kürzere Rinne eingeschnitten. In der langen Rinne findet das von der Garnrolle kommende lange Fadenende, in der kurzen Rinne das mit dem zu bearbeitenden Stoff verbundene kurze Fadenende Platz, wenn die Nadel den Stoff durchsticht.
Um die Schlinge des Unterfadens zu fangen und zu führen, verwenden die Nähmaschinen Schiffchen, Greifer oder Greiferschiffchen. Die hier gezeigte Nähmaschine Pfaff 11 hat ein Bogenlangschiff, das sich mittels eines führenden Schiffchenkorbes  auf einer gebogenen Schiffchenbahn fortbewegt.
Im Inneren des Schiffchens ist eine längliche Spule untergebracht, auf welche der Unterfaden gewickelt ist.
Die Stichbildung kommt bei einer Schiffchenmaschine folgendermaßen zustande: Die Spitze des Schiffchens trifft auf die durch den Fadengeber gelockerte Schlinge des Oberfadens und gleitet durch diese hindurch. Der aufwärtsgehende Fadengeber führt die Schlinge, die nun im Unterfaden gefangen ist, nach oben, zieht sie zu und der Stich, bei dem sich Unterfaden (in der Abbildung schwarz) und Oberfaden (in der Abbildung grau) im zu nähenden Stoff verknüpfen,  ist beendet.

Gelesen 943 mal Letzte Änderung am Dienstag, 18 April 2023 15:05