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Donnerstag, 06 März 2025 13:20

Exponat des Monats März

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Turnergürtel des Turnvereins Wolfhagen um 1900 Turnergürtel des Turnvereins Wolfhagen um 1900 Beate Bickel

Turnergürtel

Von Bernd Klinkhardt

Zu den ältesten Kleidungsstücken der Menschheit gehören Gürtel zum Zusammenhalten der Kleidung über den Hüften. Im Laufe der Geschichte bis in heutige Zeit kam ihnen auch eine symbolische Kraft der Stärke, Kraft und Treue zu. In Verbindung mit Brauchtum wurden Gürtel besonders schmuckvoll gestaltet und zeichneten ihre Träger aus.

Das Regionalmuseum zeigt einen farbig gestickten „Turnergürtel“ der männlichen Turngemeinschaft Wolfhagen. Gürtel diese Art wurden zum weißen Turnanzug getragen und waren um 1900 weit verbreitet. (Mädchen und Frauenturnen verbreitete sich erst nach dem Ersten Weltkrieg.)
Der Gürtel ist insgesamt 92 cm lang und 6,5 cm breit. Die Enden sind mit einer Doppellederschnalle zum Verschließen versehen. Das Gürtelband besteht aus einem rot gestickten Leinentuch, aufgenäht auf weißem Leinentuch. Es ist kordelartig goldfarbig gestickt umrandet. Der mittlere Gürtelteil ist nach oben bzw. unten abgerundet verbreitert (9,5 cm). Auf ihm ist auf weißem Untergrund goldfarbig der Turnergruß „Gut Heil“ aufgestickt. Er ist seitlich verwoben mit einer in Weiß bzw.in Gold gestalteten Blattornamentik.
Abweichend von vielen Turnergürteln der damaligen Zeit fehlt hier in der Gürtelmitte das Turnerkreuz in Form eines 4 F Emblems. (Siehe Abb.1) Dieses Kreuz wurde erstmals 1846 verwendet. Es ist das Symbol für den Leitspruch der von Friedrich Jahn (1778-1852), „Turnvater Jahn“, um 1820 geschaffenen Turnerbewegung: Frisch – Fromm – Fröhlich – Frei.
Die Grußformel „Gut Heil“ kam bereits um 1840 auf, breitete sich rasch überall in den Turnvereinen aus und diente zur Begrüßung der Teilnehmer auf Turnfesten und schließlich auch zur Ehrung der Sieger. So auch in dem 1889 gegründeten Wolfhager Turnverein, dem Vorläufer des heutigen Wolfhager VFL. (Verein für Leibeserziehung). Mit dem Erstarken der Arbeiterbewegung in Deutschland entstand um 1906 auch ein Arbeiter- Turn- und Sportverein (ATUS) in Wolfhagen, der sich von der nationalistischen Turnbewegung absetzte. Beide Vereine standen lange in Konkurrenz. Erst nach Kriegsende 1945 wurden sie zu VFL 1989 WOH e.V. vereinigt.
Der ATUS-Verein änderte seinen Namen 1919 in FFST (Freie Turngemeinschaft, Leitspruch: Frisch- Frei – Stark und Treu). Er verwendete die Grußformel FREI HEIL.
Die spätere Nazigrußformel „Heil Hitler“ führte dazu, dass nach dem Ende der NS-Herrschaft die Grußformeln GUT HEIL und FREI HEIL in den Sportvereinen nicht mehr verwendet wird. Sie leben aber heute noch abgewandelt in den gelegentlich gebräuchlichen Grußformulierungen: Petri Heil – Weidmanns Heil - Ski Heil fort.
Sportgürtel als Ehren- und Auszeichnungssymbol sind nach wie vor in Gebrauch. Ebenso wird das Turnerkreuz in vielfach abgewandelter graphischer Gestaltung in vielen heutigen Turnvereinen noch verwendet.


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