Bei einem Rundgang durch die Abteilung Haus und Fachwerk in der Region fallen die historischen Zimmererwerkzeuge besonders auf. Sie erzählen vom einst körperlich sehr harten Arbeitsalltag beim Bau und der Instandhaltung von Häusern. Besonders interessant ist ein sogenanntes Breit- oder Beschlagbeil in Bartenform, auch „Deutsche Form“ genannt. Bis um 1900 wurden solche Werkzeuge zum Bebeilen von Rundholz zu Balken verwendet. Von vorn gesehen ist die Klinge nicht wie bei einer Axt keilförmig geschmiedet, sondern am Übergang vom Haupt zum Blatt sehr flach. So konnte es bei intensivem Gebrauch zu Rissen kommen. Unser Beschlagbeil wurde repariert, und die breiten Schweißnähte haben die Punze mit Monogramm des Schmieds halb verdeckt. Das Blatt steht nicht mittig unter dem Haupt, sondern einseitig. Die Schneide ist einseitig angeschliffen. Schaut man auf den 44 cm langen ovalen Stiel fällt auf, das dieser nach rechts abgewinkelt ist. Warum? Nun, es ist ein Rechtshänderbeil. Die Kröpfung minderte die Gefahr der Verletzung der Griffhand des Zimmerers. Es gibt auch Linkshänderbeile, sodass die rechte und linke Stammseite gleichzeitig von verschiedenen Handwerkern gehackt werden konnte.
Wie lang mögen geübte Zimmerleute gearbeitet haben, um einen laufenden Meter Stammlänge zu behauen? Sicherlich mehr als eine Arbeitsstunde, wobei hartes und zähes Eichenholz länger dauerte als Weichholz. Überhaupt konnte man nur bei frisch eingeschlagenem Bauholz die gewünschten glatten Oberflächen erzielen. Eine besondere Herausforderung stellte auch die angestrebte Rechtwinkeligkeit des Werkholzes dar, wollte man den anschließenden Abbund doch so sauber und passgenau wie möglich ausführen.
Das Beschlagbeil aus dem Museumsbestand bringt 2258 Gramm auf die Waage. Da mögen auch dem geübten Handwerker am Ende eines langen Arbeitstages die Arme buchstäblich lang geworden sein. So musste sein Werkzeug das für ihn richtige Gewicht haben, einen passenden Stiel, und er selbst eine optimale Körperhaltung samt geübter Auge-Hand-Koordination.
Das handwerkliche Erfahrungswissen um das Bebeilen von Rundholz ist heutzutage weitgehend verlorengegangen, weil es nicht mehr gebraucht wird und auch nicht mehr bezahlt werden kann. Moderne Gattersägen und Abbundanlagen haben die alten Techniken ersetzt. In Freilichtmuseen dagegen werden das Wissen und Können noch bewahrt, von den dortigen Zimmerleuten angewandt und an den Nachwuchs weitergegeben.