Diese Seite drucken
Donnerstag, 01 Februar 2018 10:42

Exponat des Monats Februar

Artikel bewerten
(1 Stimme)
Hans Staden betet vor einem Kreuz in Ubatuba, kolorierter Holzschnitt von Inge-Lore Bezzenberger Hans Staden betet vor einem Kreuz in Ubatuba, kolorierter Holzschnitt von Inge-Lore Bezzenberger Museum

"Wie der almechtige Gott eyn zeychen thet" (=Wie der allmächtige Gott ein Zeichen tat)

Hans Stadens Warhaftige Historia

Von Wolfgang Schiffner

Anfang des Jahres 1554 wurde Hans Staden von den Tupinambá gefangen genommen. Sie verschleppten ihn in ihre Siedlung Ubatuba(Uwattibi) am Meeresstrand südlich von Rio de Janeiro. Hier wollte man ihn bald töten und seinen Körper verzehren – eine grauenhafte Vorstellung für einen Europäer. Staden war aber nicht bereit, sein Schicksal hinzunehmen.

Er beherrschte die Sprache der Tupis und drohte ihnen bei mehreren Gelegenheiten, dass sein Gott ihn rächen werde, sollten sie es wagen ihn zu töten. Diese Drohung schreckte die Indianer wenig. Doch es gab Situationen, in denen sie ein schweres Problem nicht selber lösen konnten. Da waren sie bereit, Staden zu bitten, er möge seinen Gott um Hilfe anrufen.
Ein Holzschnitt zum 47. Kapitel der Warhaftigen Historia zeigt das Ende einer Geschichte, mit der Staden das Eingreifen Gottes demonstrieren will. Was war geschehen? Schon bald nach seiner Ankunft in Ubatuba hatte Staden ein Holzkreuz vor der Hütte errichtet, in der er leben musste. Täglich betete er hier und flehte Gott an, ihn aus den Händen der Heiden zu erlösen. Den Indianern hatte er erklärt, dass es ihnen Unglück brächte, wenn sie es entfernen würden. Als er mit seinen Bewachern auf Fischfang war, riss eine Frau das Kreuz aus dem Boden, weil sie es für eine bestimmte Arbeit brauchte. Als Staden zurückkam, war er entsetzt. Kurze Zeit später begann es mehrere Tage zu regnen. Die Tupinambá waren besorgt, weil dadurch die Pflanzzeit auf den Feldern beeinträchtigt war. Staden erklärte, dass sein Gott es regnen lasse, weil das Holzkreuz entfernt wurde. Die Indianer glaubten ihm das und errichteten wieder das Kreuz. Kaum stand es, als der Regen aufhörte und die Sonne erschien.
Jetzt kann man die Geschichte visuell nachvollziehen: Nachdem zwei Tupis Holzbalken aus dem Wald geholt hatten, kniet Staden ganz rechts vor dem wieder errichteten Kreuz und betet. Das Kind hinter ihm ist der Sohn eines Häuptlings der beim Aufstellen des Holzkreuzes half.  Die Wirkung des Gebets bleibt nicht aus, die Sonne ist aufgegangen. Die mit Pfählen umzäunte Siedlung Uwattibi liegt sehr verkleinert im Vordergrund. In der Bildmitte pflanzen zwei Frauen mit Kindern in ihren Rückentragen Maniok an. Noch regnet es, aber wird wohl bald aufhören. Links bringen zwei Frauen in Kiepen geernteten Maniok und damit genügend Nahrung nach Uwattibi.        
Wie oft in Stadens Werk zeigt der Holzschnitt die enge Verzahnung von Text und Bild, die für den Leser im 16. Jahrhundert so wichtig war. Denn es gab damals kaum authentische Bilder über das Leben von Europäern unter den Indianern. Das hier gezeigte kolorierte Aquarell des Holzschnittes von Inge-Lore Bezzenberger befindet sich im Regionalmuseum. Es war ein Teil der Staden-Sammlung des 1992 verstorbenen Oberlandeskirchenrates Günther E. Th. Bezzenberger. Sie kam 1993 als Stiftung an die Stadt Wolfhagen und führte 1995 zur Einrichtung der Stadenabteilung des Museums.        
   

Gelesen 5068 mal Letzte Änderung am Donnerstag, 01 Februar 2018 10:59