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Donnerstag, 10 Dezember 2020 14:34

Exponat des Monats Dezember

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Reflexkugeln durften in den 1950er Jahren an keinem Christbaum fehlen. Reflexkugeln durften in den 1950er Jahren an keinem Christbaum fehlen. Beate Bickel

Weihnachtsbaumkugeln

Von Beate Bickel


Das Regionalmuseum Wolfhager Land verfügt über ein kleines Konvolut Weihnachtsschmuck.

Es gibt einige wenige Figuren und selbstgebastelte Sterne sowie eine Auswahl Christbaumkugeln. Letztere sind zu feinstem Glas geblasen, sie glänzen silbern, goldfarbig oder in anderen Metallicfarben. Ihr Dekor ist zurückhaltend, wenn überhaupt, wird durch eine weiße Pulverbeschichtung eine Schneehaube simuliert. Eine Ausnahme sind die Reflexkugeln. Die Wandung dieser Kugeln ist nach innen eingezogen. Der sogenannte Reflex soll dafür sorgen, dass das (Kerzen-) Licht noch stärker als durch die einfache Spiegelung reflektiert wird. Bei unserem Exemplar ist die Mulde zusätzlich in Rot gehalten und die Wandung rund um den Reflex mit stilisierten Blattornamenten versehen. Vor allem seit den 1950er Jahren durften diese Kugeln an keinem Weihnachtsbaum fehlen.

Auch der Weihnachtsbaumschmuck ist der allgemeinen Mode und den Möglichkeiten des Einzelnen unterworfen. So war es der Legende nach ein Glasbläser aus dem thüringischen Lauscha, der die Christbaumkugel Mitte des 19. Jahrhunderts erfand. Davor war es üblich gewesen, den Weihnachtsbaum mit allerlei Leckereien zu schmücken. Vor allem polierte rote Äpfelchen, an Fäden aufgezogenen Nüsse, Bonbons und Zuckerstangen verzierten üblicherweise die Bäume. Deshalb hießen sie in manchen Regionen sogar Zuckerbäume. Jedenfalls war dem erwähnten Glasbläser aus Lauscha das bis dahin übliche Naschwerk möglicherweise zu kostspielig, und er kam auf die Idee, eigenen Baumschmuck herzustellen. Wie dem auch sei… Jedenfalls entwickelte sich Lauscha schnell zu einem Zentrum der Christbaumkugelproduktion –auch mit Problemen der Ausbeutung der damaligen Arbeitskräfte behaftet. Die Kugeln wurden mundgeblasen, per Hand in eine Silberlösung getaucht und ebenfalls mit der Hand verziert. Verkauft wurden sie von Händlern, den Verlegern, die den Heimarbeitern „niedrige“ Preise diktierten. Um ein kärgliches Auskommen zu haben, musste meist die ganze Familie mit ran, Eltern, Großeltern und Kinder.

Noch heute ist Lauscha ein Zentrum der Weihnachtsschmuckproduktion und noch heute werden viele Kugeln mit dem Mund geblasen, in Silbernitrat getaucht und mit der Hand verziert. Daneben gibt es industrielle Produktion, Kugeln aus Kunststoff, Schmuck aus Holz oder Selbstgebasteltes. Man kann seinen Baum mit lustigen Weihnachtsmännern oder –frauen verzieren, mit Totenköpfen, Halloweenkugeln, Gurken oder als Nikolaus verkleideten Miniaturhunden. Der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt.

Und nicht nur in Lauscha sitzen die Kugelproduzenten: die Firma Brauns-Heitmann in Warburg produziert seit einigen Jahren spezielle „Logo-Kugeln“.

Weitere Informationen:  Regionalmuseum Wolfhager Land, 05692/992431, www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
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