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Donnerstag, 11 März 2021 13:12

Exponat des Monats März 2021

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Bruchstück eines Reitersporns mit pyramidalem Vierkantdorn, 12./13. Jh., aus Eisen, L. 13 cm, Radsporn aus Eisen, spätes 13.oder 14 Jh., L. 15 cm Bruchstück eines Reitersporns mit pyramidalem Vierkantdorn, 12./13. Jh., aus Eisen, L. 13 cm, Radsporn aus Eisen, spätes 13.oder 14 Jh., L. 15 cm Beate Bickel

Mittelalterliche Reitersporen

Von Bernd Klinkhardt

Unsere Vorstellung vom Mittelalter wird nach wie vor von der Welt der Burgen und der Kultur des Rittertums geprägt.

Noch heute üben diese eine große Faszination aus. Ritterspiele, der Nachbau von Ritterrüstungen und Waffen erfreuen sich großer Beliebtheit, ebenso ihre originalen Überreste in Museen. Im unserem Museum können einige Objekte aus der Ritterzeit gezeigt werden, die Rückschlüsse auf Waffen und Ausrüstung eines Ritters im Wolfhager Land schließen lassen: Ein Schwert, Pfeilspitzen, Hufeisen und zwei Reitersporen. Als Kleinteile des Reitzubehörs finden letztere zu Unrecht wenig Beachtung, sind sie doch in ihrer Gestaltung wichtige soziale Indikatoren. Sie sind vielleicht einst verloren gegangen, blieben im Schutt der Zeit verborgen, bis sie der Zufall oder archäologische Ausgrabungen zutage förderten. Fundorte von Sporen sind meistens Siedlungen, v. a. Burgen.
So wurde bei der Freilegung der Burgruine Rödersen ein Teil eines hochmittelalterlichen Reitersporns (12./13. Jh.) gefunden. (Abb.1) Bei Kanalarbeiten in der Wolfhager Garthaus in den 50/60er (?) Jahren fand man einen Radsporn (13./14.Jh gefunden.( Abb.2) Die Freilegung der Weidelsburgruine in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts brachte einen langen Stachelsporn (14. Jh.?) mit stark gebogenem Bügel zu Tage, der nur noch als Fotografie erhalten blieb.
Alle mittelalterlichen Sporen lassen auf eine relativ kleine Stiefelgröße und insofern auch auf eine geringe Größe der damaligen Träger schließen Die einfache Gestaltung verweist auf einen bescheidenen sozialen Status.
Reitersporen sind ein am Reitstiefel befestigtes Metallstück mit Dorn oder Rädchen, die beim Reiten eingesetzt werden, um die Schenkelhilfe zu unterstützen. Sporen ermöglichen eine präzise Signalwirkung und dienen auch als Zwangsmittel bei Widersetzlichkeit des Pferdes. Der Einsatz von Sporen erfordert viel Geschick, da man das Pferd verletzen kann.
Seit dem Aufkommen berittener Berufskriegerheere im 8. -10. Jh. fanden erstmals Reitersporen mit einer kurzen Stachelstange Verwendung. Die Dornenspitzen waren anfangs kugelförmig, ab dem 9. Jh. dominierten pyramidale Dornspitzen. Ab 900 wurden die kurzen Stachelstangen durch lange ersetzt. Gegen Ende des 10. Jhs. setzte eine Längenreduzierung bis ins 13. Jh. ein. Auch die Bügelformen, die Bügelenden zum Befestigen der Riemen, Verzierungen sowie Winkel zwischen Bügel und Stange variierten, je nach Hersteller, aber auch auf Wunsch des Reiters. Nach Befestigung am Stiefel unterscheidet man Anschnallsporen oder Anstecksporen (Aufnahme im Stiefelabsatz).
Seit dem späten 13. Jh. setzt sich mehr und mehr der Radsporn durch, bei dem am Spornende ein Rädchen mit spitzen Zacken drehbar gelagert ist.
Die meisten Sporen waren aus Eisen. Daneben gab es auch Sporen aus anderen Metallen, selten waren sie mit Goldblech verkleidet. Goldene Sporen waren häufig auch ein symbolisches Zeichen der Ritterwürde, Ritterinsignien auf Grabsteinen und in Wappen.
Reiten war ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung der Knappen zu Rittern. Nach Abschluss der Ausbildung war man in der Lage, ein Pferd in jeder Lage zu beherrschen. Durch den Ritterschlag (Weihe zum Ritter) und die Überreichung von ein Paar Sporen war der ausgebildete Reiter in den Ritterstand aufgenommen. Die heutige Redensart,  „sich die Sporen verdienen“  und der Begriff „ sich anspornen“ gehen auf diesen mittelalterlichen Brauch zurück. In heutiger Zeit sind Sporen im Reitsport in Europa nur noch mit sehr abgeschwächten Zacken erlaubt.


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