Handschriftliches aus Wolfhagen
Schreiben hat in Wolfhagen Tradition: So ging der Verfasser der berühmten spätmittelalterlichen Limburger Chronik in Wolfhagen zur Schule. Er wurde hier oder auch im nahen Ehlen geboren und verbrachte vermutlich seine gesamte Jugendzeit im Wolfhager Land. Die Rede ist von Tilemann Elhen von Wolfhagen.Die meisten Wolfhager kennen Tilemann vom Sehen. Eine vom Limburger Künstler Uli Eulberg angefertigte Bronzeskulptur vor unserem Regionalmuseum Wolfhager Land erinnert an ihn. Dabei entspringt seine äußere Gestalt der Fantasie des Bildhauers, denn ein überliefertes Bildnis seiner Person gibt es nicht. Und auch sonst weiß man nur wenig über ihn: Die meisten Kenntnisse konnte man aus dem gewinnen, was er in der erwähnten Chronik über sich selbst geschrieben hat, vieles bleibt jedoch Vermutung.
Geboren wurde er wohl im Jahr 1347 oder 1348. Er besuchte die vom Kloster Hasungen in Wolfhagen betriebene Schule, bevor er wahrscheinlich in Mainz, vielleicht auch in Paris, zum Theologen ausgebildet wurde. Die Priesterweihe empfing er jedoch nicht. Nach Limburg kam Tilemann, weil er hier Verwandte hatte und hier machte er Karriere: Er wurde kaiserlicher Notar und Stadtschreiber und gehörte damit in der spätmittelalterlichen Gesellschaft zur städtischen Elite Limburgs.
Bekannt wurde Tilemann durch die von ihm verfasste „Limburger Chronik“. Er begann mit seinen Aufzeichnungen wohl im Jahr 1377 und beschäftigt sich im Wesentlichen mit Ereignissen aus der Zeit von etwa 1336 bis 1400. Grundlage seines Werkes waren hauptsächlich mündlich überlieferte Berichte und eigene Beobachtungen. Die heutige kulturgeschichtliche Bedeutung des Textes resultiert vor allem aus den Schilderungen des spätmittelalterlichen Alltagslebens. Tilemann beschreibt beispielsweise die wechselnden Kleidungsgewohnheiten der Limburger oder auch deren Musikgeschmack.Der Buchdruck mit beweglichen Lettern war im 14. Jahrhundert noch nicht erfunden. Tilemann musste genau wie seine Zeitgenossen in den klösterlichen Skriptorien oder den städtischen Schreibstuben die wenigen bekannten Materialien verwenden, um seine Erkenntnisse und Meinungen zu Papier zu bringen. Aber, was heißt Papier…? Papierproduktion begann im heutigen Deutschland gerade erst. Man schrieb auf Pergament, man benutzte Federkiel und aufwändig hergestellte Tinten. Genaueres zu den im Mittelalter zum Schreiben und Illustrieren verwendeten Materialien erfahren Sie noch bis zum 30. Oktober in der von der Kasseler Bank geförderten Sonderausstellung „Skriptorium“ in unserem Regionalmuseum Wolfhager Land.
Beate Bickel