Mittwoch, 02 Oktober 2013 12:31

Exponat des Monats Oktober

Artikel bewerten
(2 Stimmen)

 

Hier wurde scharf geschossen!

In der Abteilung „Burg und Stadt im Mittelalter“  des Regionalmuseums wird dem Besucher neben zahlreichen Zufalls- und Ausgrabungsfunden  u. a. ein schwergewichtiges Objekt präsentiert: Eine ca. 5 Zentner schwere Steinkugel mit einem Durchmesser von 48 cm. Die  große, schwer lesbare  dreizeilige  altdeutsche Minuskelinschrift auf der Steinkugel lautet: „Anno  Domini 1468 (oder 1473) mit ramme hergeschosse  dusse  stein ( Mit einer Schleuder hergeschossen dieser Stein - Version 1961) Eine Übersetzungsvariante aus dem Jahre  1976 liest: “Anno Domini 1478 sond einimer geschotted um suchs“ ( 1478 wurde immer umsonst hergeschossen).
Die Steinkugel wurde 1839 im Bachbett der Erpe unterhalb der Kugelsburg bei Volkmarsen  gefunden. Vermutlich haben Bürger der Stadt die Steinkugel einst in der Nähe der Erpe gefunden und sie in Erinnerung an die zunächst erfolglose Belagerung und  Beschießung der Stadt  Volkmarsen  im Jahre1475 und 1477 als  Erinnerungszeichen mit der Denkschrift versehen und am Fundort aufgestellt.  Später ist  sie dann von Unbekannten in die Erpe gerollt worden.
Die Deutung der Inschrift mit der  Jahreszahl 1478 passt besser zum historischen Kontext. Im Rahmen des Streits um die Besetzung des Kölner Erzbischofsstuhls kam es 1474 zu einem Machtkonflikt und  und einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen  zwei Mächtegruppierungen. Betroffen davon waren große Teile Westfalens und Hessens. Die zum Kölner Kurfürstentum gehörende Stadt Volkmarsen hielt zum eigentlich abgewählten Erzbischof Rupprecht. Sein Rivale,  Herrmann von Hessen, bat seinen Bruder, den Landgrafen Heinrich III. von Hessen, um Hilfe. Als Gegenleistung für militärische Unterstützung verlangte Landgraf Heinrich III. die Übergabe der Stadt Volkmarsen und der Kugelsburg. Die Stadt und die Burgbesatzung weigerten sich jedoch. Am 23.5. 1475 begann daher  die Belagerung und Beschießung der Stadt sowie der Burg durch hessische Truppen. Während die  Burgbesatzung nach schwerer Beschädigung der Burg kapitulierte, leistete die Stadt weiterhin erfolgreich Widerstand, trotz heftigen Beschusses von der durch hessische Truppen besetzten Burg. Erst zwei Jahre später (1478) belagerte der hessische Landgraf erneut die Stadt mit einem großen Heer. Nach 23 Tagen Belagerung und Dauerbeschuss ergab sich schließlich die stark zerstörte Stadt.



Zum Einsatz kamen damals vermutlich sowohl Bliden (Steinschleudern) als auch schwere Steinbüchsen (Pulvergeschütze). Es ist nicht geklärt, ob die gefunden Steinkugel mit einer Blide oder großen Steinbüchse abgeschossen wurde. Möglicher Weise landeten  wegen zu geringer Reichweite der Bliden einige Steinkugeln im Vorfeld der Stadt, wo später einige gefunden wurden. Gewicht und Größe der Kugel sprechen aber auch für ein in Ringstabtechnik  (aneinander geschmiedete Eisenringe) gebaute Steinbüchse.

Die hessische Besatzung, die in Volkmarsen  bis Anfang des 16. Jahrhunderts dauerte, und die hohen Kriegskontributionen ließen die Volkmarser Bürger aber weiterhin  zum  kölnischen Stadtherren stehen.  Ein schönes Beispiel  dafür, dass militärische  Lösungsversuche meistens eher kontraproduktiv sind, wie wir in unsrer Zeit  immer wieder erfahren können. Erst die politischen Veränderungen infolge der napoleonischen  Herrschaft brachten einen gravierenden Wandel mit sich. Mit der Auflösung der geistlichen Fürstentümer 1802 kam Volkmarsen schließlich 1817 zum Kurfürstentum Hessen-Kassel.

Lange Zeit lag die Steinkugel unbeachtet auf einem Volkmarser Grundstück. Als das Kasseler Landesmuseum  kein Interesse an dem historischen Fund zeigte, gelangte dieser 1961 in das damalige Kreisheimatmuseum Wolfhagen. Welcher Wert diesem Fund zukommt, zeigt nicht zuletzt das Interesse von Fachexperten an dem historischen Objekt.
Bernd Klinkhardt

Abb. 1 Original-Gedenkkugel an die Belagerung und Beschießung der Stadt Volkmarsen in den Jahren 1475/76 und 1477.
Abb. 2 Waffentechnik im 15. Jahrhundert. Beschießung von Burgen mit verschiedenen Geschützen. Aus der Landeschronik des Wigand Gerstenberg um 1495.

Gelesen 10697 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 02 Oktober 2013 12:50

Veranstaltungen

--Veranstaltungen 2024--

Donnerstag, 14. November, 19 Uhr

Magie und Aberglaube im alten Ägypten

Ägyptische Sonnenmythologie - Orientierung in Tempeln und Gräbern

Bildervortrag von Klaus Albrecht, Naumburg-Altendorf

Überlegungen nach einer Ägyptenreise

 

 

Donnerstag, 31. Oktober, 19 Uhr

Zwischen Magie und Wahrheit - Hans Staden Brasilienbericht (1557)

Vortrag von Dr. Franz Obermeyer, Bremen

Eintritt 3 Euro, Mitglieder des Museumsvereins, SchülerInnen und Studierende frei

 

Mittwoch, 16. Oktober, 18.30 Uhr

Jahreshauptversammlung des Museumsvereins

 

 Sonntag, 6. Oktober, 15 Uhr

Korydwenn - Mittelalterliche Lieder aus dem 12. und 13. Jahrhundert mit der Multiinstrumentalistin Korydwenn

Eintritt frei, über Spenden würden wir uns freuen!

 

Donnerstag, 12. September, 19 Uhr

Vortrag - Die große Welt im kleinen Format

Prof. Dr. Sabine Thümmler, Berlin: Die große Welt im kleinen Format. Möbelstile in Wolfhager Puppenstuben zwischen Historismus und Neuer Sachlichkeit.

Eintritt 3 Euro, Mitglieder des Museumsvereins, SchülerInnen und Studierende frei

 

Donnerstag, 13. Juni, 19 Uhr

Vortrag / Lesung / Gespräch - Himmel hilf!

Vortrag: Dr. Tillmann Bendikowski, Hamburg: Himmel hilf! Warum wir Halt in übernatürlichen Kräften suchen

(gemeinsam mit der Buchhandlung Mander und der VHS Region Kassel)

Eintritt 5 Euro, SchülerInnen und Studierende frei

 

28. Mai, 18 Uhr Eröffnung

Sonderausstellung bis 09. Juni

Die Walter-Lübcke-Schule zu Gast im Regionalmuseum Wolfhager Land

Ausstellung von Schülerarbeiten, Wahlunterricht Kunst Klasse 10 der Walter-Lübcke-Schule und der Abiturklasse 13 mit Karin Balkenhol

 

Donnerstag, 25. April, 18 Uhr Ausstellungseröffnung

bis Sonntag, 21. Juli

Ausstellung

Magie und Aberglaube im Mittelalter mit regionalem Schwerpunkt

Musikalische Begleitung: Korydwenn

  

Sonntag, 19. Mai, 14-17 Uhr

 

Familientag

Internationaler Museumstag

14 Uhr: Mittelalterlicher Bogenbau mit Michael Stiller, Ippinghausen 

16 Uhr: Barbara Rüffert erzählt Märchen

Selbstgebackener Kuchen, Kaffee und gekühlte Getränke und gute Laune

Eintritt frei!

  

Sonntag, 6. Oktober, 15 Uhr-16.30 Uhr

Musik

Mittelalterliche Musik mit Korydwenn, Ippinghausen

Einritt frei, Spenden erbeten!

 

 ----------------------------------------

 

Sonntag, 10. März, 15 Uhr 

Erzählcafé

Zum Thema: Magie und Aberglaube im Wolfhager Land

Eintritt frei!

 

Samstag, 27. April, 19 Uhr

Autorenlesung

Detlef Günter Thiel präsentiert sein Buch "Hans Staden - Seine Seele - Meine Seele".

Eintritt frei!

 

 
Der Eintritt ist für alle Veranstaltungen frei für Mitglieder des Museumsvereins, Schüler/innen und Studierende.
 
Unser Dank für freundliche Unterstützung gilt der Kasseler Sparkasse, der VHS Region Kassel, dem Hess. Museumverband und der Kulturstiftung des Landkreises Kassel.