Es handelt sich um ein so genanntes Veloziped, das als „Knochenschüttler“ bekannt wurde. Immerhin hatte es für die Bergabfahrt eine Seilbremse, die durch einen eisernen Hebel auf das Hinterrad wirkte, und für den Antrieb eine fest mit der Achse des Vorderrades verbundene Tretkurbel, die aber nur große Kurvenradien zuließ, da die tretenden Beine alle Lenkbewegungen des Vorderrades mitmachen mussten. Das erste Tretkurbelfahrrad Deutschlands wurde 1845 von Heinrich Mylius im thüringischen Themar gebaut. Es löste die 1817 erfundene pedallose „Schnellaufmaschine“ des badischen Forstmeisters Karl Friedrich Drais ab, die als „Draisine“ bekannt wurde.
Inwiefern lässt sich aber hat die Erfindung der Draisine und damit letztlich auch die Erfindung des Fahrrades schlechthin auf den zwei Jahre zuvor erfolgten Ausbruch des Vulkans Tambora im Gebiet der Sundainseln zurückführen? Durch die gewaltige Eruption von Asche, Bims und Schwefelsäurepartikel wurde die Sonneneinstrahlung nämlich weltweit so sehr eingeschränkt, dass die globalen Durchschnittstemperaturen im Folgejahr der Eruption um ganze 3° C sanken. Chaotische Wetterverhältnisse, Missernten und dadurch bedingte Hungersnöte waren die Folgen. Das Jahr 1816 ging als „Das Jahr ohne Sommer" in die Geschichte ein. Infolge der Getreideknappheit stiegen die Getreidepreise und vor allem der Haferpreis beträchtlich an. Dadurch wurde der Transport von Gütern und Personen, der zu dieser Zeit weitgehend mit Pferden abgewickelt wurde und für deren Fütterung der Hafer zum größten Teil verwendet wurde, so teuer, dass man sich überlegen musste, wie man durch eine Alternative zum Pferd Kosten bei der Beförderung einsparen konnte. Schon vor 1817 hatte man die Pferdekutschen in manchen herrschaftlichen Gärten durch Gartenwagen mit Fußantrieb durch Lakaien ersetzt, um die Exkremente der Zugtiere zu vermeiden.
Das Veloziped verbreitete sich vor allem in England, Frankreich und Südwestdeutschland. Hier nämlich gab es schon zur Mitte des 19. Jahrhunderts ein dichtes Netz von Landstraßen bzw. Chausseen, auf denen die Räder gut rollen konnten. Ausschlaggebend dafür war eine besondere Bauweise des Straßenfundamentes. Dieses war wegen des Wasserabflusses zur Straßenmitte hin leicht gewölbt und bestand aus drei aufeinanderliegenden, verdichteten Schotterpackungen, deren Körnung nach oben immer kleiner wurde. Auf solchen „Macadam-Straßen“ fuhren die Ingenieurstudenten Aimé und René Olivier mit ihren Velozipeden die ca. 800 km lange Strecke von Paris nach Avignon in nur acht Tagen.
Nach der Draisine und dem Veloziped stellte das um 1870 entwickelte Hochrad die dritte Stufe auf dem Weg zum heutigen Niederrad mit Kettenantrieb und Tangentialspeichen dar. Zwar vergrößerten sich beim Hochrad der Umfang des Vorderrades und damit auch die Länge der durch eine Pedalumdrehung zurückgelegten Strecke, jedoch war das Risiko eines Sturzes sehr hoch.
Das Veloziped kann im Wolfhager Regionalmuseum während der Öffnungszeiten besichtigt werden. Diese sind Dienstag bis Donnerstag von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 17 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr.