Einst zierte die Uhr mit dem präzisen Laufwerk das Arbeitszimmer des preußischen Baumeisters Friedrich August Stüler (1800– 1865). Es war ein Geschenk des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. für seinen Architekten: eine Anerkennung die der König bei dem Pariser Bildhauers Theodore Gechter (1795 – 1845) in Auftrag gegeben hatte, nachdem Stüler den Umbau des Wittenberger Augustinerklosters zur Luthergedenkstätte beendet hatte. Auf abenteuerlichen Wegen gelangte die Uhr 1965, in Einzelteile zerlegt, im Gepäck eines DDR-Flüchtlings in den Westen.
Das Lutherbild, das die Figur transportiert, ist das eines Lehrers in der Art eines antiken griechischen Philosophen, etwa Sokrates. Der rechte Fuß ist dynamisch vorgeschoben, die linke Hand im darreichenden Gestus geöffnet, die Rechte aber fest verbunden mit der Heiligen Schrift, die Luther zur alleinigen Quelle und Norm des christlichen Glaubens erklärt hatte.
Mit seiner in Bronze gegossenen Sicht des Reformators wendet sich Theodore Gechter gegen ein Lutherbild, das seit dem 300. Reformationsjubiläum 1817 für lange Zeit das Lutherbild geprägt hatte: das des deutschen Nationalhelden, aus dem dann der stiernackige Glaubensheld mit der Bibel als Waffe in der Hand hervorgeht, die andere Hand kämpferisch zur Faust geballt, ein Lutherbild, das in der Zeit des Nationalsozialismus in schrecklicher Weise missbraucht wurde.
Noch zu sehen ist die Ausstellung „Dr. Martin Luther und seine Zeit“ im Regionalmuseum Wolfhager Land bis einschließlich Sonntag, den 1. Oktober.
Weitere Informationen:
Regionalmuseum Wolfhager Land, 05692/992431, www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung.