Geradezu im Blickfang stehen drei alte Grenzsteine aus dem 18. Jahrhundert. Zwei fallen durch ihre gute Erhaltung besonders auf. Sie können als repräsentative Beispiele der Markierung des Grenzverlaufes der beiden Territorien Hessen und Waldeck im Abschnitt östlich von Wolfhagen gelten.
Es handelt sich bei diesen um typische rechteckige Landesgrenzsteine, wie sie sich seit der frühen Neuzeit entwickelt haben. (Höhe 90 cm, Breite 35 cm und Tiefe 24 cm) Die vier Sicht-seiten der Grenzsteine aus Sandstein sind fein behauen. Auf der hessischen Frontseite befindet sich das fein herausgearbeitetes Wappensymbol mit dem hessischen Löwen, auf der Waldecker Seite, ebenfalls in erhabener Form, der Waldecker Stern als Hoheitszeichen.
Am abgerundeten Kopfende ist eine Rille in den Stein eingearbeitet, die die Richtung des Grenzverlaufes anzeigt. Die Grenzsteinsockel waren ursprünglich sehr tief im Boden verankert. Die Zahlen N 63 und N 65 geben die Grenzsteinnummern im Verlauf der Grenze an.
Die Zahl 1739 verweist auf das Jahr der Steinsetzung. Sie erfolgte aufgrund eines Grenzvertrages zwischen Waldeck und Hessen im Jahre 1738, um die lange bestehenden Grenzstreitigkeiten und Unklarheiten endgültig zu beheben, vor allem auch um das Gasterfelder Holz. Nach Vertragsunterzeichnung durch Fürst Carl zu Waldeck in Arolsen und Landgraf Friedrich zu Hessen und König von Schweden in Stockholm wurde der hessische Ingenieur Johann Christoph Rüstmeister mit der Durchführung der erforderlichen Maßnahmen beauftragt.
Unter seiner Leitung verständigten sich hessische und auch waldeckische Beamte und Helfer auf einen Grenzverlauf und gingen ihn auch gemeinsam ab. Orientierungshilfen gaben Bäche, Wege und besondere Geländeformationen. Alle drei Jahre sollte ein Grenzgang wiederholt werden. Noch heute erinnert in manchen Gemeinden ein jährlicher Grenz- oder auch „Schnadgang“ (von Schneise) an den seit Jahrhunderten bestehenden Brauch der Grenzbegehung.
Schneisen-oder Grenzzüge gab es bereits im Mittelalter. Im Zusammenhang mit diesen entwickelte sich seitdem auch im WOH-Land der Brauch, dass einmal im Jahr Jung und Alt in manchen Städten und Dörfern im Gefolge von Amtmann und Bürgermeister einen Grenzgang in der Gemarkung durchführen. Den Knaben soll dabei an jedem Grenzstein eine Ohrfeige verpasst oder am Ohrgezupft worden sein, um ihnen die Gemeindegrenzen „einzubläuen“. 1494 nahm sogar der Landgraf Wilhelm II. (der Mittlere) an einem Grenzgang teil.
Für die Grenzfestlegung im Jahre 1738 ließ Rüstmeister z. B. für den Abschnitt Wolfhagen neun Grenzkarten anfertigen mit Markierungen des Standorts der Grenzsteine.
Im Abschnitt Wolfhagen verläuft die Grenze ca. 20,7 km mit etlichen Knicken von Norden nach Süden. Der Grenzstein Nr.1 steht auf der Volkmarser Scheid, der letzte Grenzstein Nr. 124 im Tal der kleinen Elbe bei Freienhagen. Das Gasterfelder Holz, bis 1738 im Kartenwerk noch voll zu Hessen gehörend, wurde nun zu zwei Dritteln Waldeck zugesprochen und ein Drittel zu Hessen. Zur Grenzmarkierung wurde eine Schneise in den Wald geschlagen und an den Endpunkten mit den Grenzsteinen Nr. 61und 73 besetzt.
Nicht alle Grenzsteine sind noch an ihrem ursprünglichen Standort erhalten. Infolge des Baus der Muna 1938 und späteren Übernahme des Munageländes durch die Bundeswehr 1960 gingen z.B. einige Grenzsteine verloren oder wurden an andere Standorte versetzt. So gelangten die Steine Nr. 63 und Nr.65 offenbar infolge ihres guten Originalzustandes nach Wolfhagen ins Museum.
Grenzsteine am originalen Standort sind Kleindenkmäler und behalten nach wie vor ihre rechtshistorische Aussagekraft. Sie unterstehen strengem Denkmalschutz. Jahrhunderte alte Grenzsteine, insbesondere Landesgrenzsteine des 18. Jahrhunderts, geben Auskunft über die sich seit dem Mittelalter entwickelnde weitgehend bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts bestehende territoriale Zersplitterung.
Weitere Informationen: Regionalmuseum Wolfhager Land, 05692/992431, www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung.