Brigitte Strube aus Ehlen, die sie unserem Museum dankenswerterweise überlassen hat, konnte darüber leider keine Auskunft geben.
Die beiden Anker-Steinbaukästen wurden in der Zeit zwischen 1894 und 1910 von der Firma Friedrich Adolph Richter im thüringischen Rudolstadt produziert. Es handelt sich um die NF 5 und NF 5a, das bedeutet „Neue Folge“. Nr. 5 war der Grundbaukasten, Nr. 5a ein Ergänzungsbaukasten. Sie sind bestückt mit Bausteinen verschiedener Formen in den Farben rot, gelb und blau. Die Farbgebung sollte an die Baumaterialien Ziegelstein, Sandstein und Schiefer erinnern. Hergestellt wurden die Steine aus Schlämmkreide, Quarzsand und Leinöl. Sie haben eine glatte Oberfläche und die fertigen Gebäude werden lediglich durch ihr Gewicht, die Statik und die Maßgenauigkeit zusammengehalten. Das System entwickelt hatten die Brüder Otto und Gustav Lilienthal. Sie konnten die Steine nicht erfolgreich vermarken und verkauften ihre Erfindung 1880 an den Universalunternehmer Friedrich Adolph Richter.
Die Deckel der Holzkisten sind mit reich verziertem Papier beklebt. In der Mitte ist die Personifizierung der Architektur dargestellt, oberhalb und unterhalb der Figur findet sich das Firmenlogo Anker. Vier mit floralen Ornamenten umkränzte Säulen stützen die Architektur des Bildes. Zwei Nischen beidseitig der Architektura sind mit Fransenvorhängen bestückt, links mit der Aufschrift: Anker-Steinbaukasten aus der Fabrik von F.Ad.Richter & Olten K.u.K. Hoflieferanten Rudolstadt, Nürnberg, Wien Rotterdam, London, Olten, New-York, Gesetzlich geschützt. Sie wiederholt sich auf der rechten Seite in französischer Sprache.
Die dünnen Holzdeckel lassen sich durch leichtes Aufschieben öffnen. Auf der Innenseite des Deckels des Grundbaukastens ist durch eine Modellzeichnung die genaue Ordnung in der Kiste angezeigt und nur so passen alle Teile in den Kasten. Daneben wird der nächste Steinbaukasten in der Reihe beworben. Beigelegte Modellhefte zeigen die vielfältigen Varianten auf, vor allem auch die unendlichen Möglichkeiten die Zukäufe bieten würden. Dies entsprach der von Richter entwickelten Marketingstrategie: Durch den Zukauf von Ergänzungskästen oder größeren Grundkästen – der größte enthielt 3.861 Steine und war mehrere Zentner schwer – ließen sich die Baumöglichkeiten schrittweise erweitern. Produziert wurden die Baukästen im thüringischen Rudolstadt, es gab mehrere Filialen in Europa und sogar eine in New York.
Nach dem Tod Friedrich Adolph Richters 1910 kam es zu langwierigen Streitigkeiten um das Erbe. Doch die Ankerbausteine überlebten nicht nur diese Probleme, sondern auch zwei Weltkriege. In der DDR-Zeit wurden sie bis 1963 in einem VEB-Betrieb produziert. Danach war mehr als 30 Jahre Pause. Erst 1995 fanden sich neue Interessenten, die die Herstellung wieder aufnahmen. Heute gehört die Ankerstein GmbH der Arbeiterwohlfahrt Rudolstadt und wird als Inklusionsbetrieb geführt. So kann man noch heute Original Ankersteinbaukästen käuflich erwerben.
Weitere Informationen: Regionalmuseum Wolfhager Land, 05692/992431, www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung.