Die Nationalsozialisten sind an der Macht. Es ist ihnen gelungen, eine brutale Diktatur in Deutschland zu errichten. Ihr Hass richtet sich vor allem gegen Minderheiten. Juden, Sinti oder Roma werden ebenso gnadenlos verfolgt, wie alle Menschen, die nicht dem propagierten Typus entsprechen. Ein Aspekt der Verfolgung, der in erster Linie die jüdische Bevölkerung betrifft, ist die systematische Zerstörung der materiellen Existenzgrundlage durch die Einführung von Sondersteuern und –abgaben. Daneben gibt es Diskriminierungen in Form von Verboten, die die Betroffenen vom gesellschaftlichen Leben ausschließen und nicht zuletzt gewaltsame Übergriffe wie bei den Novemberpogromen 1938. Es herrscht ein Klima der Angst. Die es sich leisten können, verlassen Deutschland oder versuchen, zumindest ihre Kinder in Sicherheit zu bringen.
Es gibt die Möglichkeit der Kindertransporte. Einige Nachbarländer haben, nachdem die Greueltaten der Novemberpogrome 1938 bekannt geworden sind, ihre meist strengen Einreisebestimmungen für jüdische Kinder gelockert. Die Kinder werden nach Großbritannien, Belgien, die Niederlande oder Frankreich geschickt und dadurch meist gerettet.
Nicht so Lieselotte Michel aus Volkmarsen, die Besitzerin der Kette. Sie kann zwar zunächst der Gefahr entgehen. Ihre Mutter und ihre Großeltern lassen sie – zwölfjährig - mit einem ebensolchen Kindertransport in die Niederlande reisen. Doch die Sicherheit währt nicht lange. Deutsche Truppen besetzen die Niederlande im Mai 1940. Lieselotte kann zunächst von Einheimischen versteckt werden. Sie wird aber schließlich doch entdeckt. Man bringt sie in das Konzentrationslager Westerbork. Von hier aus wird sie in das deutsche Vernichtungslager Sobibor in Polen deportiert und noch am Tag ihrer Ankunft am 26.3.1943 ermordet. Ihre Mutter und ihre Großeltern hatten hier bereits ein Jahr zuvor sterben müssen.
Nur eine Kette… wurde von der Volkmarser Bürgerin Josefine Langer an Ernst Klein vom Verein „Rückblende – Gegen das Vergessen“ weitergereicht. Lieselottes Mutter hatte sie ihr kurz vor ihrer eigenen Deportation geschenkt. Im Rahmen der Ausstellung „Legalisierter Raub“ haben die Kette und die dazugehörige Geschichte ihren Weg ins Regionalmuseum Wolfhager Land gefunden.
Die Ausstellung „Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945“ können Sie noch bis Sonntag, 7. April im Regionalmuseum Wolfhager Land besichtigen.
Beate Bickel
Kontakt: www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.
Abb. 2: Josefine Langer überreicht Ernst Klein die Halskette aus ursprünglich jüdischem Besitz. Sie ist monmantan in der Ausstellung „Legalisierter Raub“ zu sehen.
Abb. 3: Lieselotte Michel mit Mutter und Großmutter um 1932.