Die ersten noch etwas unsicheren Hinweise auf das Vorkommen solch unvorstellbar alter Saurierspuren entdeckte Kunz 1999 im Schuttkegel am Fuß der Steinbruchwand. Von Jahr zu Jahr kamen dann immer mehr Funde sowohl bei der Nachsuche im Schuttkegel als auch bei einer Grabung im anstehenden Gestein im Top des Steinbruchs zum Vorschein.
Bis heute sind neun verschiedene Fährtengattungen erkannt worden, davon zwei bis dahin völlig unbekannte und somit auch noch nicht beschriebene Gattungen. Für eine von ihnen wurde von Fichter & Kunz (2004) der Gattungs- und Artname Protochirotherium wolfhagense vergeben, was soviel bedeutet wie „Altes Handtier von Wolfhagen“. Handtier deshalb, weil die Fußeindrücke durchaus einer menschlichen Hand ähnlich sehen. Die Eindrücke sind so fein überliefert, dass man sogar die Schuppen der Saurierhaut und die Zehennägel erkennen kann.
Die in der internationalen paläontologischen Fachzeitschrift „Ichnos“ veröffentlichte Beschreibung und Benennung der neuen Gattung und Art Protochirotherium wolfhagense fand weltweite Anerkennung. Inzwischen werden im geologischen Sinne zeitgleiche Funde u.a. aus Marokko, Polen, Italien, Spanien und Österreich ebenfalls der Gattung Protochirotherium zugerechnet. Aufgrund des hohen Alters und der Tatsache, dass das Erscheinungsbild von Protochirotherium ziemlich ursprünglich anmutet, kann man davon ausgehen, dass diese Spuren von Tieren erzeugt wurden, die an der Basis der sog. Archosaurier, zu denen die Krokodile, Dinosaurier und Vögel gehören, stehen.
Die Veröffentlichung der Gattung Protochirotherium hat auch noch eine ganz andere Konsequenz.
Geowissenschaftler versuchen Gesteinseinheiten nach den verschiedensten relativen Zeit-Kriterien zu gliedern, um sie weltweit korrelieren zu können. So gibt es auch eine Gliederung der Trias in Zeitzonen, die nach dem ersten Auftreten von bestimmten Saurierspuren benannt sind. Dabei ist eine der ältesten Zonen international nach Protochirotherium benannt worden.
Aus dem bisher Gesagten kann man einschätzen, welche Karriere das Wolfhager Urhandtier bisher gemacht hat. Das Typusmaterial von Protochirotherium wolfhagense (= die Stücke anhand derer die Gattung und Art definiert wurde) sind in der geologischen Ausstellung des Regionalmuseums Wolfhager Land zu bewundern.
Dr. Jürgen Fichter
Kontakt: www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.
Abb. 2: Typusmaterial von Protochirotherium wolfhagense,Fuß- (hinten) und Handeindruck (vorne).
Abb. 3: Typusmaterial von Protochirotherium wolfhagense,Fuß- (hinten) und Handeindruck (vorne).
Typusmaterial von Protochirotherium wolfhagense, Fußeindruck