Donnerstag, 06 Februar 2014 14:48

Exponat des Monats Februar

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Wie eine Schatzkiste – Die Zunftlade der Schneider

Das Handwerk ist auch heute noch ein bedeutender Wirtschaftzweig. Allein im Landkreis Kassel sind laut Auskunft der Handwerkskammer 2215 Firmen tätig. Bei rund einem Viertel der Handwerksberufe ist die Meisterprüfung für die Führung eines Betriebes nicht mehr erforderlich.

Viele Handwerke haben sich zu Berufsvereinigungen zusammen geschlossen, den Innungen. Die Innungen kümmern sich um vielerlei Belange der einzelnen Handwerkszweige. Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört heute sicher die Abnahme der Gesellen-Abschlussprüfungen. Doch auch die Traditionspflege wird ernst genommen: So leben bei manchen Abschlussfeiern althergebrachte Bräuche wieder auf, und die Fleischerinnung Hofgeismar-Wolfhagen besitzt noch eine Zunfttruhe von 1853. Die Mitgliedschaft in den heutigen Innungen ist freiwillig.
Vor Einführung der Gewerbefreiheit, in unserer Gegend ab 1869 mit Inkrafttreten einer neuen Gewerbeordnung, sah das alles noch ganz anders aus. Es war Pflicht für jeden, der einen Betrieb eröffnen wollte, Meister zu sein und Mitglied der entsprechenden Berufsvereinigung, der Zunft, Gilde oder Innung. Ausnahmen gab es. Die Befugnisse der Organisationen reichten weit, obwohl es im Lauf der Jahrhunderte an Versuchen des Staates nicht mangelte, ihren Handlungsspielraum und ihre Rechte einzuschränken.
Die Zünfte wachten nicht nur über die Ausbildung ihres Nachwuchses, sondern sie bestimmten beispielsweise auch, wer überhaupt in ihr Handwerk aufgenommen werden sollte oder wie viele Meister es geben durfte. Frauen durften beispielsweis nur als Witwe eines Meisters einen Betrieb führen. Die Vorschriften zielten nicht selten darauf ab, sich unliebsame Konkurrenz vom Hals zu halten. Doch verfolgten die Zünfte auch soziale Aufgaben. So unterstützen sie ihre Mitglieder bei Krankheit und kümmerten sich im Todesfall um die Beerdigung und die Hinterbliebenen.
Wichtige Dokumente wie Meister- und Protokollbücher oder staatliche Privilegien, die Zunftbücher, Geldvermögen und Siegelstempel, überhaupt möglichst alle Wertgegenstände der Zunft wurden in den Zunfttruhen oder –laden aufbewahrt. Darüber hinaus spielten diese Bewahrmöbel eine besondere Rolle bei Versammlungen und Amtshandlungen. Der offizielle Teil der Zunftsitzungen begann in der Regel mit dem Öffnen der Lade.  Vor „geöffneter Lade“ wurden Lehrlinge freigesprochen, Gesellen zu Meistern gemacht, Streitigkeiten geschlichtet und vieles mehr.
Unser Exemplar gehörte ursprünglich der Wolfhager Schneiderzunft. Die Truhe ist aus unterschiedlichen Hölzern gefertigt und mit Leisten verziert. Sie hat innen links eine Beilade mit Deckel, deren Geheimnis sich erst bei genauerer Betrachtung erschließt: ein Geheimfach! Man kann es öffnen, indem man die vordere Wand der Beilade nach oben zieht.
Die Truhe ist mit Buntpapier ausgeschlagen. Es handelt sich um ein typisches "Türkisches Papier" bzw. "Türkisches Tunkpapier". Die Technik der "Türkischen Papiere" ist eine Tunktechnik von schwimmenden Farben. Besonders beliebt waren Marmorierungen wie sie unsere Truhe zeigt. Auf Grund der Beschaffenheit des Papiers, es ist eher dick und etwas unregelmäßig, lässt es sich laut Auskunft von Frau Prof. Dr. Sabine Thümmler vom Kunstgewerbemuseum Berlin, noch ins 18. Jahrhundert datieren. Diese Auskunft wird durch die Bauart der Truhe betätigt.
Die Existenz der Truhe im Museum weist zusammen mit weiteren Exponaten der Schneiderzunft jedenfalls auf die ehemalige Bedeutung dieses Handwerks für Wolfhagen hin. So gab es Mitte des 19. Jahrhunderts zwischen 36 und 38 Schneider allein in der Stadt, heute sind es 40 Schneiderinnen im gesamten Landkreis Kassel.

Beate Bickel


Gelesen 10000 mal Letzte Änderung am Donnerstag, 06 Februar 2014 15:00

Veranstaltungen

 

--Veranstaltungen 2024--

 

Sonntag, 10. März, 15 Uhr 

Erzählcafé

Zum Thema: Magie und Aberglaube im Wolfhager Land

Eintritt frei!

 

Donnerstag, 25. April, 18 Uhr Ausstellungseröffnung

bis Sonntag, 21. Juli

Ausstellung

Sonderausstellung: Magie und Aberglaube im Mittelalter 

Einführung in die Ausstellung: Beate Bickel M. A.

Musikalische Begleitung: Korydwenn

 

 

Sonntag, 19. Mai, 14-17 Uhr

Familientag

Internationaler Museumstag

14 Uhr: Mittelalterlicher Bogenbau mit Michael Stiller, Ippinghausen 

16 Uhr: Barbara Rüffert erzählt Märchen

Selbstgebackener Kuchen, Kaffee und gekühlte Getränke und gute Laune

Eintritt frei!

 

Donnerstag, 13. Juni, 19 Uhr

Vortrag / Lesung / Gespräch - Himmel hilf!

Vortrag: Dr. Tillmann Bendikowski, Hamburg: Himmel hilf! Warum wir Halt in übernatürlichen Kräften suchen

(gemeinsam mit der Buchhandlung Mander)

Eintritt 5 Euro, SchülerInnen und Studierende frei

 

Anfang Juli

Ausstellung

Ausstellung von Schülerarbeiten, Wahlunterricht Kunst Klasse 10 der Walter-Lübcke-Schule mit Karin Balkenhol

 

Donnerstag, 12. September, 19 Uhr

Vortrag - Die große Welt im kleinen Format

Prof. Dr. Sabine Thümmler, Berlin: Die große Welt im kleinen Format. Möbelstile in Wolfhager Puppenstuben zwischen Historismus und Neuer Sachlichkeit.

Eintritt 3 Euro, Mitglieder des Museumsvereins, SchülerInnen und Studierende frei

 

Sonntag, 6. Oktober, 15 Uhr-16.30 Uhr

Musik

Mittelalterliche Musik mit Korydwenn, Ippinghausen

Einritt frei, Spenden erbeten!

 

 

 
Der Eintritt ist für alle Veranstaltungen frei für Mitglieder des Museumsvereins, Schüler/innen und Studierende.
 
Unser Dank für freundliche Unterstützung gilt der Kasseler Sparkasse, der VHS Region Kassel, dem Hess. Museumverband und der Kulturstiftung des Landkreises Kassel.