Sie zeigt eine entscheidende Szene aus dem Buch Judit. Auch wenn Luther diese Erzählung aus dem Alten Testament ausschied, war die Protagonistin doch äußerst beliebt. In Schauspielen, Opern und Gemälden ist Judit bis heute präsent. Schon seit dem Mittelalter war sie in der Literatur als eine der „neun guten Heldinnen“ der Geschichte bekannt. Wehrhaft verteidigte sie durch eine mutige Tat ihr eigenes Volk und seinen Glauben gegen einen übermächtigen Feind.
Das biblische Geschehen wird auf der Ofenplatte ganz in die eigene Zeit verlegt. In einem großen Zelt steht Judit in der Kleidung einer vornehmen Dame aus dem 16. Jahrhundert. In der Rechten hält sie das Schwert, mit der Linken versenkt sie einen Kopf in den Sack, den eine Magd hält. Es ist das Haupt des Holofernes, des Hauptmanns der Assyrer. Er hatte die schöne Frau zum Essen eingeladen und wollte sie verführen. Doch Judit überlistete ihn. Sie wartete bis er im Vollrausch eingeschlafen war und nutzte die Gelegenheit für seine Enthauptung. Die Assyrer, die das noch nicht bemerkt hatten, belagerten und bekämpften die jüdische Stadt Betulia, aus der Judit kam, und verloren den Kampf trotz ihrer Übermacht, denn sie hatten ihren Anführer verloren. Selbst die mächtigste Waffe dieser Zeit, die Kanone nutzte ihnen nichts mehr. Auf unserer Ofenplatte sind gleich fünf bedrohliche Kanonen im Vordergrund postiert. Als Büchsenschütze und Kanonier kam in dieser Zeit Hans Staden nach Wolfhagen. Er hätte, als er sich hier niederließ, sicher gern einen Ofen mit dieser reich verzierten Platte erworben. Sie hätte ihn daran erinnert, dass er sich als standhafter Christ mit Kanonen gegen die Tupinamba in Brasilien verteidigt hatte.
Wolfgang Schiffner