Mittwoch, 16 Juli 2014 10:58

Exponat des Monats Juli

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Turnen durften nur die Jungs...
125 Jahre Verein für Leibesübungen Wolfhagen
Erinnerungsstücke im Regionalmuseum

Vor einigen Tagen feierte der VfL Wolfhagen sein 125-jähriges Jubiläum. Zunächst 17 Mitglieder hatten im Juni 1889 den „Deutschen Turnverein“ gegründet und sich damit der Modernität verpflichtet. Denn was uns heute selbstverständlich erscheint und in hohem Maße gefördert und gefordert wird, nämlich körperlich fit zu sein, sich sportlich zu betätigen, war vielerorts zumindest unüblich, wenn nicht gar verpönt. So war Leibeserziehung keineswegs Schulfach, lediglich Fechten und Tanzen lernten Schüler auf Ritterakademien. Daneben führten nur die Philanthropen der Aufklärungszeit, die Geist und Körper als eine Einheit verstanden, bereits im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts Leibesübungen an ihren Instituten ein.

Erst „Turnvater Jahn“ machte dann zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Turnen populär. Innerhalb kurzer Zeit konnten 12 000 Mitglieder in 150 örtlichen Vereinen gezählt werden. Beim Turnen ging es in dieser Zeit allerdings keineswegs nur um Fitness. Turnen war hochgradig politisch. Es sollte in der Vorstellung Jahns das nationale Empfinden stärken und die Jungen vormilitärisch schulen. Das Turnen war in dieser Vorstellungswelt dem männlichen Teil der Bevölkerung vorbehalten. Die politischen Aspekte jedenfalls führten schließlich in den meisten deutschen Kleinstaaten, so auch im Kurfürstentum Hessen, zum allgemeinen Turnverbot. Die sogenannte Turnsperre galt hier über einen Zeitraum von 22 Jahren, von 1820 bis 1842.
Seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Leibeserziehung nach und nach in den deutschen Kleinstaaten Unterrichtsfach. Daneben erwachte das Turnen in Vereinen zu einer neuen Blüte. Es wurde an Geräten geturnt, in Wolfhagen unter anderem an einem Holzreck und an Klettertauen, Gymnastik getrieben und vieles mehr. Man veranstaltete Turnfeste und schloss sich überregional in Gauen und Turnkreisen zusammen.
Ein Erinnerungsstück an öffentliche Auftritte der Wolfhager Turnerschaft ist der in unserem Museum aufbewahrte Turner-Gürtel aus der Zeit um 1900. Getragen wurden solche Stücke beim Einmarsch in die Stadien, etwa bei Turnerfesten, aber auch bei Festumzügen. Unser Exemplar ist mit Wolle in Perlstichtechnik und zusätzlich mit Glasperlen bestickt. Motiv ist eine Weinblattranke. Vorn in der Mitte ist der Turnergruß „Gut Heil“ verewigt. Die Rückseite ist aus Leder. Mittels zweier Lederriemen und Schnallen, wird der Gürtel auf dem Rücken zusammengehalten.

Beate Bickel

Kontakt: www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.

Gelesen 10534 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 16 Juli 2014 13:55

Veranstaltungen

-- Veranstaltungen 2025 --


Sonntag, 25. Mai, 15 Uhr Ausstellungseröffnung
bis 17. August
Sonderausstellung „Als Uroma noch ein Mädchen war“. Kindheit im Mittelalter und im Wolfhager Land
Einführung in die Ausstellung: Dr. Alice Selinger und Beate Bickel M.A.



Donnerstag, 26. Juni, 19 Uhr
Vortrag: Prof. Dr. Jutta Buchner-Fuhs: Kindheit im Wandel: Vorstellungen, Entwürfe und Lebensweisen gelingender Kindheit im historischen Wandel (Arbeitstitel)



Donnerstag, 28. August, 19 Uhr
Prof. Dr. Sabine Thümmler, Berlin: Kinderglück oder Designertraum!? Eine kleine Geschichte der Kindermöbel



Donnerstag, 18. September, 19 Uhr (Vernissage) bis Sonntag, 16. November 2023
Sonderausstellung: "Schön und nicht perfekt. Motive mit Vergangenheit."

Zwei Künstler aus dem Wolfhager Land: Klaus-Dieter Gehring, Altenstädt; Wilburg Kleff, Naumburg

 

Donnerstag, 30 Oktober, 19 Uhr

Vortrag: Wolfram Boder: Die Wolfhager Schule. Als eine nordhessische Kleinstadt ein bedeutender Teil der deutschen Punkszene war.

 

 

 

 

 

 

 

 
Der Eintritt ist für alle Veranstaltungen frei für Mitglieder des Museumsvereins, Schüler/innen und Studierende.
 
Unser Dank für freundliche Unterstützung gilt der Kasseler Sparkasse, der VHS Region Kassel, dem Hess. Museumverband und der Kulturstiftung des Landkreises Kassel.