Typische Kennzeichen eines Pfostenstuhles sind auch bei unserem Exemplar vorhanden: vier starke, senkrecht stehende Beine (Pfosten), die durch Sprossen miteinander verbunden sind. Die hinteren Pfosten des Stuhls gehen in die Rückenlehne über und enden in einer Art stilisierter Tulpenblüten. Die Rückenpfosten sind durch zwei quer stehende Bretter verstrebt. Die Oberseiten dieser Lehnbretter sind geschweift ausgesägt, das obere zusätzlich mit eingeritzten Zick-Zack-Linien verziert. Diese Muster finden sich außerdem auf den Pfosten der Rückenlehne. Alle Teile sind verzapft und teilweise zusätzlich mit Holzdübeln gesichert. Es handelt sich um eine solide Handwerkerarbeit. Doch was hat es mit diesem Stuhl darüber hinaus für eine Bewandtnis?
Als Volkskundlerin denkt man sofort an die Brautstühle, vornehmlich aus der Schwälmer Gegend und um Gudensberg herum, die den in einen Bauernhof einheiratenden jungen Leuten neben vielen anderen Gebrauchsgegenständen als Mitgift mitgegeben wurden. Diese reich verzierten Stühle erfüllten darüber hinaus eine symbolisch-rechtliche Funktion: Sie verliehen dem neuen Familienmitglied „Sitz und Stimme“ auf dem Hof, das heißt Bleibe- und Mitbestimmungsrecht.
Doch ein Gespräch mit dem ehemaligen Dekan von Wolfhagen, Reinhard Weinbrenner, der sich seit Jahrzehnten mit der Geschichte seines Heimatdorfes Altenhasungen beschäftigt, ergab ein anderes Bild: Ihm schien es wahrscheinlicher zu sein, dass es sich bei dem als Hochzeitsstuhl bezeichneten Möbel auch um einen solchen handele. Vermutlich stammt er aus der Altenhasunger Kirche und diente neben einem zweiten Exemplar dem Brautpaar als besondere Sitzgelegenheit während der Trauung.
Weitere Informationen: Regionalmuseum Wolfhager Land, 05692/992431, www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung.