Dieses Siegel ist der einzige Beweis für die Existenz der Stadt Landsberg überhaupt. Es wurde 1965 bei der Ausgrabung des Hauses Nr. 9, vermutlich des Rathauses, in der untersten Brandschicht gefunden. Die Bruchstücke reichten glücklicherweise aus, um das vollständige Siegel zu rekonstruieren, so wie wir es heute in der Vitrine sehen können. Es trägt die Umschrift „SIGILLUM CIVIUM DE LANDSBERG“ (Siegel der Bürger von Landsberg).
Die Gründung Landsbergs nach 1226 durch die Grafen von Schwalenberg/Lippe steht im Zusammenhang mit der Absicht der Schwalenberger und späteren Waldecker Grafen, ihr Gebiet zwischen der Burg Waldeck und dem Twistetal bei Volkmarsen zu sichern, insbesondere auch den Besitz und die Rechte des von ihnen gestifteten Klosters Aroldessen auf dem Gebiet des heutigen Bad Arolser Schlosses.
Diese Sicherung der Waldecker richtete sich vor allem gegen die Landgrafschaft Thüringen, die zur selben Zeit ihr westliches Bollwerk Wolfhagen errichtete und aus der gegen Ende des 13. Jahrhunderts die hessische Landgrafschaft hervorging. Bei dieser Sicherung stützten sich die Waldecker auf das Erzbistum Mainz.
Aus diesen und ähnlichen territorialpolitischen Gegensätzen kam es zum offenen Krieg zwischen der Landgrafschaft Thüringen und dem Erzbistum Mainz. Bereits 1231 verbrannten und zerstörten die thüringischen Truppen sämtliche der ca. 60 Hofreiten von Landsberg. Landgraf Konrad von Thüringen untersagte dem Grafen Adolf I von Waldeck, die Stadtwüstung wieder zu besiedeln.
Es geht hier also um den Untergang einer waldeckischen Stadt. So ist im Stadtsiegel von Landsberg der seit 1225 nachweisbare achteckige Stern der Waldecker Grafen zu sehen, darin zwei am Kreuz (Symbol des Arolser Klosters) aufsteigende rückwärtsgewandte Löwen, die Wappentiere der mit den Waldeckern verbündeten Grafen von Everstein, die lange Herren auf der Kugelsburg und der Burg Rödersen (nahe bei Landsberg) waren. Das bedeutet: Der Graf von Waldeck hat zugleich als Vogt des Arolser Klosters unter Mitherrschaft der ebenfalls mit dem Erzbischof von Mainz verbundenen benachbarten Grafen von Everstein diese Stadt gegründet und den Bewohnern dieses Typar zur Besiegelung ihrer Urkunden überlassen.
Was geschah aber mit den Bürgern von Landsberg? Immerhin waren sie Städter mit einigen Privilegien, was nicht nur ihr Stadtsiegel zeigt, sondern auch ihr Reichtum, zu erkennen an einigen Keramikfunden, die von weitreichenden Handelsbeziehungen zeugen. Insgesamt wurden 1940 solcher Scherbenstücke von über 50 verschiedenen Gefäßen geborgen.
Das Stadtsiegel zeigt, dass eine so genannte communio civium bestand, d. h. eine Form von Bürgerschaft mit festgelegten Rechten. Diese konnte nicht so ohne weiteres aufgelöst werden, auch nicht durch die Zerstörung der Stadtanlage. Da der Stadtgründer der Waldecker Graf war, muss ihre Neuansiedlung an einem anderen nahe gelegenen Ort in der waldeckischen Grafschaft erfolgt sein. Dafür kann aufgrund der Urkundenlage nur Bifangen (heute eine Wüstung zwischen Gasterfeld und Landau) in Frage kommen. Die überlieferte Verfassung Bifangens trägt alle Merkmale einer Stadtverfassung.
Wenn auf der Wüstungsfläche von Bifangen im Gegensatz zu Landsberg heute keine besonderen Spuren einer städtischen Befestigung auszumachen sind, dürfte das ein Hinweis darauf sein, dass man diesen Siedlungsplatz aufgrund der offenen Lage auf einer Hochfläche nicht als endgültig ansah. So siedelte man die Bewohner Bifangens 1290 in das neu gegründete Landau um. Einen Teil von ihnen hatte man schon vorher im bereits 1231 als Stadt erwähnten Freienhagen angesiedelt.