Selbstgefertigte Kleidung und Hauswäsche waren für viele Haushalte selbstverständlich, sieht man einmal von Wohlhabenden ab, die es sich leisten konnten, solches zu kaufen oder gar fertigen zu lassen. In den meisten Heimat- und Regionalmuseen sind daher Exponate ausgestellt, die von der Flachs- und Wollverarbeitung „erzählen“ können, so auch das Wolfhager Museum, das hierzu eine vollständige Abteilung hat. Darin sind auch einige Flachsbrechen zu sehen.
Im nördlichen Hessen standen Flachsanbau und Leinenproduktion noch im 18. Jahrhundert in voller Blüte, und die hessische Leinenindustrie etwa in der Hersfelder Gegend oder im Vogelsberg waren wirtschaftlich von besonderer Bedeutung und boten auch für kleinbäuerliche Schichten einen wichtigen Nahrungserwerb. Auf größeren Höfen waren neben den Hand-Flachsbrechen auch mechanische in Betrieb. Hierbei wurden die Flachsbündel mit Handkurbelantrieb zwischen zwei hölzernen Riffelwalzen durchgezogen. Der Flachsanbau verlor Anfang des 19. Jahrhunderts durch das Aufkommen der industriell verarbeiteten Baumwolle mehr und mehr an Bedeutung. Hinzu kam die Erfindung von Kunstfasern, sodass um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert Flachsanbau und Leinenverabeitung wohl überwiegend für den Eigenbedarf geschahen.
Kleine Gerätekunde
Das einfache, aber zweckmäßig konstruierte Gerät, besteht aus einem stabilen Holzgestell, in das auf Abstand zwei hölzerne Schienen montiert sind. Eine beweglich gelagerte „scharfe“ Holzschiene greift zwischen die beiden anderen Schienen und wird mit einem kräftigen Griff einhändig bedient. Als Material wurde meist Buchenholz verwendet, weil es günstiger als andere Hartholzarten war. Eigentümlicherweise ist auf das Gerät mit Hilfe von Schablonen eine Inschrift in Fraktur gemalt: „Anna Catharina Germeroth aus Heimarshausen 1895“. Gefertigt wurde die Flachsbreche wohl von einem örtlichen Wagner, Schreiner oder einem anderen holzverarbeitenden Beruf
Vom Lein zur Flachsfaser
Wenn der Lein (oder Flachs) am Ende des Hochsommers reif und die Stängel langsam braun wurden, war es Zeit, den Flachs auszuraufen und dann für etwa vier bis 6 Wochen auf dem abgeernteten Feld parallel auszulegen, damit durch Wind und Wetter ein natürlicher Verrottungsprozess ausgelöst werden kann. In dieser Zeit lösten sich die Fasern allmählich vom Stängel. Man spricht hier von Tauröste. Ist der richtige Röstgrad erreicht, wurde der nun unbedingt trockene Flachs eingefahren und bis zur Weiterverarbeitung im Spätherbst/Winter eingelagert – oft luftig auf Gestellen unter den Traufseiten der Scheune. Nachdem die Samenkapseln abgerefft waren, galt es, den äußeren Bast zu entfernen und die später spinnbaren Flachsfasern freizulegen. Hier kam nun die Flachsbreche zum Einsatz. Die Bäuerinnen oder Mägde hielten ein Bündel Flachs mit der linken Hand auf den unteren Schienen fest und schlugen die obere Schiene mehrfach nach unten. Dabei brach der Bast auf und und die Scheben fielen zu Boden. Allmählich waren die Fasern freigelegt, und es hafteten nur noch wenige kleinere Baststücke an den Fasern an.
Staubige und eintönige Arbeit
Mit dem Brechen waren meist mehrere Frauen beschäftigt. Sie trugen Arbeitskleidung und hatten ein Kopftuch umgebunden, denn die Arbeit war staubig. Überdies war sie eintönig, sodass man sich dabei unterhielt und zu allerlei Scherzen aufgelegt war. „Man „flachste herum“ wie das Sprichwort auch heute noch sagt. Entsprechend meint etwas „ohne Flachs“ zu sagen, dass man ohne (spaßhafte) Übertreibung etwas mündlich zum Ausdruck bringt.
„Anna Catharina Germeroth (…)“
Personalisierte Gegenstände deuten meist auf einen besonderen privaten oder auch beruflichen Anlass hin: Geburt, Taufe, Firmung, Kommunion, Konfirmation, Verlobung, Hochzeit, Geburtstag, eine bestandene Prüfung, ein Arbeitsjubiläum und dergleichen boten genügend Anlässe, jemanden mit einem persönlichen Geschenk mit Widmung zu ehren. Hausgeräte mit Widmung oder Namensnennung finden sich öfters als Brautgeschenke, die als Bestandteil der Mitgift in den Haushalt frisch Verheirateter gelangten – so vielleicht auch die Flachsbreche aus Heimarshausen. Besonders häufig sind solche Widmungen auf Alltagsgerät aus der Schwalm überliefert.
Weitere Informationen: Regionalmuseum Wolfhager Land, 05692/992431, www.regionalmuseum-wolfhager-land.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung.